Die Kontrolle behalten - als ob mein Leben davon abhängt! Beim Kanuwandern wird diese Charaktereigenschaft jedes mal auf die Probe gestellt. Auf einem Fluss weiß man wirklich nicht, was hinter der nächsten Kurve liegt. „Vertrauen in der Welt zu haben, dass sie mich tragen und mir zeigen wird, wohin ich fließen soll“ (aus dem Lied „For Nalini“) ist gar nicht so leicht. Im Gepäck haben wir drei große, wasserdichte Ortlieb-Säcke; fünf Plastikfässer; ein Coleman-Kühler; drei Wassersäcke: Alles voller essenziellen Dingen, methodisch nach Zweck und Plan gepackt. Allein der Gedanke, dass eines dieser unzähligen Objekte am „falschen“ Platz landen könnte, erfüllt mich mit Unbehagen. Die Dinge müssen in der richtigen Reihenfolge herausgenommen und wieder hineingetan werden - unbedingt! Das Speiseöl darf nicht in der Nähe des Fasses (noch) trockener, sauberer Kleidung gelangen! Die Schuhe in die entsprechenden Plastiktüten packen, dann in das Fass mit der Aufschrift „Schuhe“ stecken! Schließlich möchte ich das, was ich brauche, gleich greifen können, ohne lange danach zu suchen. Wo ist das Insektenspray? Im Beutel mit der Sonnencreme, dem Lavendelöl, dem Lippenstift und dem Desinfektionsspray - im kleinen, weißen Fass, im oberen Bereich. Doch nach dem ersten Aufschlagen und Abbauen des Lagers werden die Dinge natürlich etwas durchgemischt. Es erscheint mir logisch, dass es mir weniger mentale Anstrengung kostet, wenn alles gut auffindbar gepackt ist. Doch es braucht viel Energie, meine Ordnung aufrecht zu erhalten. Ich mache mir ständig Gedanken darüber, wie das System optimiert werden könnte. Wie viel Kraft und Lebensfreude verliere ich wohl, wenn ich mir Sorgen mache, ob mein Mann die Dinge wieder dorthin zurückgesteckt hat, wo sie „hingehören“? Wäre es wirklich so schlimm, meinen Griff zu lockern und die Entropie ihren Lauf zu lassen? Ist es immer lebensgefährlich, den Halt zu verlieren? Auf dieser Reise konnte ich nach und nach ein wenig loslassen. Routinen, Ideen, Meinungen darüber, wie die Dinge sein sollten - vielleicht alles nützlich, aber nur, wenn ein wenig Flexibilität und Veränderungsbereitschaft erhalten bleibt. Ein Fluss ist ein guter Lehrmeister. |